„Nie wieder Krieg. Nie wieder Faschismus“ – Rede zum Antikriegstag in Schwedt

06. September 2017  Allgemein, Unterwegs

Liebe Genossinnen und Genossen,
liebe Freundinnen und Freunde,

ich wurde gebeten hier heute als Landtagsabgeordnete und Mitglied des Kreisvorstandes der LINKEN Uckermark ein paar Worte an euch zu richten.
Heute vor 78 Jahren begann mit dem Überfall der Wehrmacht auf Polen der 2. Weltkrieg. Ein Überfall, den Hitler und seine Gefolgsleute nicht nur verbal vorbereiteten, sondern spätestens seit Anfang August 1939 sukzessive planten als vermeintliche Reaktion auf fingierte Grenzüberschreitungen und Angriffe polnischer Seiter erscheinen zu inszenieren. Der Überfall auf den Sender Gleiwitz war dabei nur einer der vielzähligen Pläne. Während Hitler am 1. September im Reichstag verkündete, dass „seit 5:45 zurückgeschossen“ werde, war Polen bereits durch den Hitler – Stalin Pakt aufgeteilt, fand die erste Schlacht vor Gdansk statt und war die erste Stadt bereits in den frühen Morgenstunden bombardiert worden, noch bevor die ersten kriegerischen Handlungen begonnen hatten. 1200 Menschen starben an jenem Morgen in Wielun auf Grund des deutschen Luftangriffes. Es waren die ersten zivilen Opfer des 2. Weltkrieges, auf die noch Unzählige folgen sollten. Sie waren Vorbote eines deutschen Vernichtungskrieges , in dem Dörfer und Städte dem Erdboden gleich gemacht und ganze Bevölkerungsgruppen systematisch verfolgt und ermordet werden sollten. Ob Menschen sich tatsächlich diesen Bevölkerungsgruppen zuzählten, indem sie beispielsweise den jüdischen Glauben praktizierten,  oder aber nach rassistischer Definition der Nazis dazu gemacht und auf dieses eine Merkmal reduziert wurden, entschied über Leben und Tod.

Liebe Genossinnen und Genossen,
als ich Ende Juli 1989 geboren wurde, stand der 50. Jahrestag des Überfalls auf Polen unmittelbar bevor. Meine Großeltern sind alle Jahrgang 1940, konnten also nur ihre Kindheitserinnerungen oder jene aus den Erzählungen ihrer Eltern mit mir teilen. Und doch sind für mich der 27. Januar, der 8. Mai und der 1. September die wichtigsten politischen Tage im Jahr. Trotzdem ist die Losung „Nie wieder Krieg. Nie wieder Faschismus.“ für mich nicht nur ein Spruch, sondern Handlungsmaxime an jedem Tag. Es geht für mich an eben genannten Tagen nicht darum kurz inne zu halten und zu betonen wie wichtig Gedenken ist, um anschließend wieder dem Alltag nachzugehen. In der Bundesrepublik gab es in der Vergangenheit leider bereits viel zu viele Lippenbekenntnisse, die jedoch eher an Historisierungsbestrebungen und Schlussstrichdebatten anknüpften, als ernsthafte Bestrebungen aus der Vergangenheit zu lernen, Schubladendenken und Diskriminierung zu überwinden. „Nie wieder Krieg. Nie wieder Faschismus“ ist aber kein Lippenbekenntnis, sondern muss im heute und hier gelebt werden.

Heute Morgen, als ich auf dem Weg zu unseren Antikriegsinfoständen in Templin und Lychen gewesen bin, musste ich feststellen, dass der gesamte Bahnhof Löwenberg (Mark) vor Kurzem mit riesigen Hakenkreuzen besprayt worden war. Auch in Templin ist eine Vielzahl der Großflächen aktuell mit Davidsternen oder Slogans wie „Volksverräter“, „Kinderschänder“ und anderen Worten aus der Neonazirhetorik beschmiert. Aber diese Schmierereien sind lediglich die Spitze des Eisbergs. Was sonst als ein Lippenbekenntnis ist die Losung „Nie wieder Krieg. Nie wieder Faschismus.“ wenn sowohl in den 90ern als auch heute Geflüchtetenunterkünfte angegriffen und angezündet werden? Wenn das größte Aufregerthema der vergangenen Jahre die Geflüchtetenpolitik gewesen ist und an dieser festzustellen war, dass es eben keine Selbstverständlichkeit ist vor Krieg und Verfolgung Fliehenden ein neues zu Hause zu geben. Sondern stattdessen Rechtspopulisten und Antisemiten, wie Jan Ulrich Weiß vermutlich ab Ende des Monats, Mandate in Parlamenten bekommen. Wenn wie jetzt gerade zu befürchten steht, dass Neonazis, wie der NSU, in den Untergrund gehen um im Namen eines vermeintlichen „Rassekrieges“ mordend durch die BRD zu ziehen.

Liebe Genossinnen und Genossen,
„Der Schoss ist fruchtbar noch, aus dem das kroch“, schrieb Bertolt Brecht 1941 in dem Theaterstück „Der Aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui“, etwa ein Jahr vor der Wannseekonferenz, auf der die Vernichtung der europäischen Jüdinnen und Juden beschlossen wurde. Und auch wenn Brechts Stück die Machtergreifung Hitlers thematisiert, hat der Satz wohl nicht an Bedeutung verloren. Er erinnert uns daran, dass „Nie wieder Krieg. Nie wieder Faschismus“ keine Selbstverständlichkeit ist, auf der wir uns ausruhen können. Brecht führt uns vor Augen, dass wir als Linke den Auftrag haben wachsam zu sein und mit Verbündeten aus anderen Parteien, aber auch Vereinen, Verbänden und außerparlamentarischen Bewegungen gegen Diskriminierung et. Kämpfen. Das und nichts Geringeres ist unser gesellschaftlicher Auftrag, den wir uns an solchen Tagen wie heute ins Gedächtnis rufen und einfordern müssen um tagtäglich nach ihm zu leben.


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