Was sind die Ergebnisse der Befassung mit dem Hohenzollernstreit?

27. Januar 2021  Allgemein, Partei, Politisches

Auf Initiative der Linksfraktion befasste sich der Kulturausschuss am 20. Januar mit den Entschädigungsforderungen des Hauses Hohenzollern. Zu dem Fachgespräch eingeladen waren Dr. Süß, Zentrum für Zeithistorische Forschung, Prof. Dr. Vogtherr, Stiftung für Preußische Schlösser und Gärten, Prof. Dr. Schönberger, Juristische Fakultät Universität Düsseldorf und Prof. Dr. Gärditz, Rechtswissenschaft Universität Bonn. Bereits am Vorabend luden wir zu einem Online Podium mit Prof. Dr. Clark, Universität Cambridge, Prof. Dr. Schlotheuber, Vorsitzende des deutschen Historikerverbandes, und Carsten Linke, Kulturausschussvorsitzender Potsdam. Wo stehen wir nun nach den beiden Debatten?

1. Die Debatten der letzten Woche haben gezeigt, dass es keinen Historikerstreit zur Frage gibt, ob der Kronprinz von Preußen dem Nationalsozialismus erheblichen Vorschub geleistet hat. Sowohl Prof. Dr. Clark als auch Dr. Süß haben herausgearbeitet, dass der Kronprinz tief antidemokratisch eingestellt gewesen ist, durch sein Handeln auf die Überwindung der Weimarer Republik hingewirkt und damit den Weg für den Nationalsozialismus bereitet hat.

2. Die über 120 Unterlassungsbegehren, die Georg Friedrich Prinz von Preußen gegen Wissenschaftler*innen, Journalist*innen und Politiker*innen rechtlich vorgebracht hat, zeugen nicht von Interesse an einer offenen, gesellschaftlichen Auseinandersetzung zum Agieren und Wirken des Hauses Hohenzollern. Aufgabe der Politik ist es jedoch, diesen Diskurs, sowie die Freiheit von Wissenschaft, Forschung und Journalismus sicher zu stellen. Sich vor dem Hintergrund seines Agierens mit Georg Friedrich Prinz von Preußen an einen Verhandlungstisch zu begeben, ist ein nicht akzeptables Entgegenkommen, wo es einer klaren Haltung bedarf.

3. Die Einflussnahme des Hauses Hohenzollern auf Ausstellungskonzepte, Darstellungsformen und inhaltliche Ausgestaltungen in Museen – beispielsweise durch dauerhafte Stiftungsratsmitgliedschaft – wird insbesondere durch die Wissenschaftler*innen abgelehnt. 

4. Zunächst einmal ist grundsätzlich zu hinterfragen, wie die Hohenzollern während ihrer Herrschaftszeit zu den Reichtümern und Kulturgütern gekommen sind und ob es sich dabei nicht prinzipiell um staatliches Eigentum handelt. Darüber hinaus betreffen die Forderungen des Hauses Hohenzollern Konvolute, deren Eigentumsverhältnisse juristisch unterschiedlich bewertet werden. Neben den Entschädigungsforderungen (Immobilien und Inventar), deren Gewährung von der juristischen Klärung der Frage abhängt, ob die Hohenzollern den Nationalsozialisten erheblichen Vorschub geleistet haben, wird über den Verbleib von ca. 90 Dauerleihgaben des Hauses Hohenzollern, die sog. 19er Liste und die 1926 in einem Vermögensvertrag berücksichtigten Güter aus dem ehemaligen Hohenzollernmuseum diskutiert. Dabei gibt es quellenbasierte Hinweise, dass die Weimarer Republik insbesondere bei den Kunstwerken der sog. 19er Liste bereits 1927 von einem staatlichen Vorkaufsrecht Gebrauch gemacht hat. In dieser Situation sind Verhandlungen, also der Versuch, sich für beide Seiten gewinnbringend bzw. gesichtswahrend zu einigen, der falsche Weg, um die öffentlichen Interessen durchzusetzen – sowohl strategisch, als auch, um die von Historiker*innen bereits zurückgewiesenen Eigentumsansprüche auch juristisch klären zu lassen.  

Von Isabelle Vandre, kulturpolitische Sprecherin 


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