Die Mieten sind in erschreckendem Maß zu hoch für die meisten Menschen in Brandenburg – und das nicht nur in Berlin-Nähe.”, so lautet das Fazit der heute von der Linksfraktion im Brandenburger Landtag veröffentlichten Studie zur Wohnraumsituation in Brandenburg. Die Autor:innen Rosa Schick, Kaspar Metzkow, Andrej Holm und Valentin Regnault bieten mit der Studie „Mieten und Wohnen in Brandenburg“ fundierte Erkenntnisse zur Entwicklung der Bevölkerung, der Einkommensstruktur und vor allem zur Versorgung mit leistbarem, sozialem Wohnraum. Dabei gehen sie nicht nur auf allgemeine Tendenzen ein, sondern untersuchen die Mietenentwicklung anhand neun ausgewählter Kommunen und unterbreiten konkrete Empfehlungen für die politische Arbeit.
Stellvertretend für die vier Autor:innen kommentieren Rosa Schick und Andrej Holm die Ergebnisse ihrer Untersuchungen wie folgt:
Rosa Schick: „Steigende Miete, hohe Mietkostenbelastung von Haushalten mit geringen Einkommen und ein dramatischer Mangel an belegungsgebundenen Wohnungen zeigen: Auch ein Flächenland wie Brandenburg steht vor großen wohnungspolitischen Herausforderungen, die ohne öffentliche Verantwortung und politische Eingriffe in den Wohnungsmarkt nicht bewältigt werden können.“
Andrej Holm: „Die regionalen Differenzierungen von Bevölkerungsentwicklungen, Wohnungsmarktdynamik und Wohnversorgungslage verweisen auf eine komplexe Konstellation, denen wohnungspolitische Standardlösungen wie Wohngeldzahlungen und Neubau nicht gerecht werden. Die sinnvolle Kombination von Mietpreisschutz in angespannten Regionen, effektiver Leerstandsaktivierung in anderen Gebieten und einer Stärkung der kommunalen Handlungsfähigkeit setzen die Entwicklung einer langfristig ausgerichteten und ganzheitlich orientierten Wohnungspolitik mit regionalisierten Handlungsempfehlungen voraus.“
Die beiden Abgeordneten der Linksfraktion im Landtag Brandenburg, Sebastian Walter und Isabelle Vandre, ergänzen:
Sebastian Walter, Vorsitzender der Linksfraktion: „Die Mieten sind zu hoch! Das spüren wir in ganz Brandenburg und nicht nur in den an Berlin angrenzenden Städten. Als Linksfraktion warnen wir seit Jahren im Landtag, wie sehr der Druck auf den Wohnungsmarkt zunimmt. Doch trotz unserer Initiativen und der Verweise auf regelmäßige Berichterstattungen zu Rekordpreissteigerungen bei Grundstückspreisen oder in der Neuvermietung, ist bei der Mehrheit im Landtag immer noch nicht angekommen, wie ernst es um die Wohnraumversorgung in Brandenburg steht. Aus diesem Grund haben wir als Linksfraktion die Studie in Auftrag gegeben. Ich danke den Autor:innen für ihre fundierte wissenschaftliche Arbeit, die hoffentlich dazu führt, dass auch die anderen Fraktion den Handlungsdruck erkennen.“
Isabelle Vandre, wohnungs- und mietenpolitische Sprecherin der Linksfraktion: „Die Studie bestätigt unsere Beobachtungen als Linksfraktion: Die Wohnraumversorgung ist ein Thema in allen Teilen des Landes Brandenburg. Die Mietpreissteigerungen sind bis in die Uckermark, die Prignitz oder die Lausitz spürbar. Der Bedarf an sozialem Wohnraum übersteigt das bestehende Angebot massiv. Was es jetzt braucht, sind konkrete mietenpolitische Maßnahmen, die es ermöglichen, auf die Bedarfe der Regionen zielgerichtet einzugehen. Für ganz Brandenburg gilt: Wohnen muss dem Markt entzogen werden! Mit Grundbedürfnissen, wie einem Dach über dem Kopf, darf niemand spekulieren und Profit machen dürfen. Wir streiten daher mit den gemeinwohlorientierten Akteuren für dauerhaft stabile Mietpreise und Wohnraum, der den Bedürfnissen seiner Bewohner:innen entspricht!”
Die Studie ist ab sofort auf der Webseite der Linksfraktion im Brandenburger Landtag abrufbar.
Die wichtigsten Fakten zusammengefasst:
1.) Über den Zeitraum der letzten zehn Jahre sind die Angebotsmieten (nettokalt) kontinuierlich angestiegen. Lag die durchschnittliche Angebotsmiete 2013 noch bei 5,17 Euro, stieg sie bis 2023 auf eine Höhe von 8,12 Euro pro Quadratmeter (nettokalt). Das entspricht einer Steigerung um 2,96 Euro und damit um 57% (Immoscout 2023). Dabei waren die Mieten im Umland Berlins stets höher als im Rest Brandenburgs. Die Steigerungen weiten sich im Laufe der Jahre immer mehr über das gesamte Bundesland aus und betreffen auch Kreise und Städte außerhalb des Berliner Umlands.
2.) Über 430.000 Haushalte in Brandenburg (34,1 %) sind auf Mietkosten unterhalb von 600 Euro im Monat angewiesen. Weitere knapp 315.000 Haushalte (24,8 %) sollten nicht mehr als 900 Euro pro Monat für das Wohnen ausgeben, um die Leistbarkeitsgrenze nicht zu überschreiten. // Fast 290.000 Haushalte sind von Ihrem Einkommen auf Mieten von maximal 10 €/m² (bruttowarm) angewiesen, um die Grenze der Leistbarkeit (max. 30 % Mietkostenbelastung) nicht zu überschreiten. Abzüglich der Betriebs- und Heizkosten entspricht das einem Quadratmeterpreis von maximal 6,82 €/m² (nettokalt).
3.) Die durchschnittliche Bruttokaltmietbelastung betrug 2022 in Brandenburg 25,3 %, die Bruttowarmmietbelastung lässt sich auf etwa 2 % schätzen. Für Haushalte, die 2019 oder später in ihre Wohnung gezogen sind, lag die durchschnittliche BKB mit 27,5 % über zwei Prozentpunkte über dem Landesdurchschnitt (Statistisches Bundesamt 2024c). Für armutsgefährdete Haushalte, welche etwa 14 % der Bevölkerung ausmachen, lässt sich sogar eine Steigerung der mittleren Mietbelastung von 31 % auf 33 % verzeichnen. Das heißt zum einen, dass die Hälfte aller armutsgefährdeten Haushalte sogar mehr als ein Drittel ihres Einkommens für die Bruttokaltmiete aufwenden muss und zum anderen, dass der tatsächlich aufzuwendende Anteil (also mit Heiz- und Warmwasserkosten) noch darüber liegt (Amt für Statistik Berlin Brandenburg 2023e).
4.) Den etwa 260.000 sozialwohnungsberechtigten Haushalten (20,4 % aller Haushalte) im Land Brandenburg stehen nicht einmal 20.000 Sozialwohnungen (1,6 % aller Wohnungen) gegenüber.
5.) 430.000 Haushalte in Brandenburg (34 %) müssen mit einem monatlichen Einkommen von maximal 2.000 Euro auskommen und sind auf günstige Mieten angewiesen. Das soziale Mietwohnungssegment aus der Summe von Belegungsbindungen, kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungen beträgt landesweit nur 270.000 Wohnungen (19 %). Um langfristig allen Haushalten eine leistbare Miete zu sichern, müsste der Bestand an Wohnungen, die nach sozialen Kriterien vergeben und bewirtschaftet werden, um mindestens 150.000 Wohnungen ausgeweitet werden.
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