Unterwegs

Solidarität kennt keine Grenzen! Unterstützungsaktion für Geflüchtete an der deutsch-polnischen Grenze

Wer durch Europa flieht, muss sicher Ankommen können und darf nicht an einer Mauer gestoppt werden. Über welche Route oder in welchem Zeitraum dabei durch Europa geflohen wird, ist unerheblich. Dass Menschen aus oder durch Europa fliehen, geschieht nicht zum ersten Mal. Es ist heute die Verantwortung aller – insbesondere der politischen Entscheidungsträger:innen – das sichere Ankommen zu ermöglichen.

Dies gilt umso mehr, weil Faschist:innen in Deutschland zur Grenze mobilisieren und als vermeintliche Grenzschüzter:innen Jagd auf Geflüchtete machen. Die Oder-Neiße-Grenze steht symbolisch für das Europa des „Nie wieder!“ und gegen den Faschismus. Das Handeln deutscher Politiker:innen muss diesem Grundsatz verpflichtet sein.

Jedoch, eine Rhetorik, die Mauern und Zäune fordert, geht in die entgegengesetzte Richtung und steht damit allem entgegen, was einmal der Anspruch Europas war. Die Europäische Union nun auch noch an ihrer östlichen Außengrenze abriegeln zu wollen, ist ein menschenunwürdiges Vorhaben. Gleichwohl geschieht das bereits heute an der südöstlichen Außengrenze auf dem Balkan.

Europa ist umringt von Lagern des Grauens. In Libyen werden Menschen gefoltert, auf dem Balkan ringen sie gegen die Kälte, auf den griechischen Inseln werden sie in Haftlagern eingesperrt, im Mittelmeer ertrinken sie.

Genug ist genug, diese Zustände dürfen nicht auch noch in Osteuropa geschaffen werden! 

Für uns ist es dabei selbstverständlich, warum Menschen nach Westeuropa und damit über die Oder-Neiße-Grenze fliehen. Macht die polnische Regierung doch keinen Hehl daraus, dass sie keine Schutzsuchenden aufnehmen möchte. Eine gemeinsame Asylpolitik, ein faires, gemeinsames Asylrecht gibt es nicht in Europa. Das hat auch die Bundesrepublik mit ihrer Politik seit Anfang der 90er Jahre zu verantworten. 

Es heißt nun endlich, Verantwortung zu übernehmen und einen humanitären Korridor von Belarus durch Polen nach Deutschland zu schaffen. Die Menschen in den Camps in Griechenland, Bosnien und Serbien müssen endlich evakuiert werden! Es darf keine rechtswidrigen Zurückweisungen an der EU-Außengrenze geben. Menschenrechte müssen Maßstab politischen Handelns sein.  Denn eines zeigt sich: die Zäune und Mauern dort halten nicht, Flucht und Migration können über kurz oder lang nicht aufgehalten werden und das müssen sie auch gar nicht. Wir brauchen sichere Fluchtwege – nach Europa, durch Europa. Jede Mauer fällt! Ganzen Beitrag lesen »

Spenden an die Volkssolidarität und an Kultür Potsdam

Kinder und Jugendliche hatten es in den letzten Monaten der Pandemie nicht leicht. Deshalb waren Norbert Müller und ich heute morgen unterwegs um den Kindern in einem Heim der Volkssolidarität eine kleine Weihnachtsfreude zu machen. Danach ging es für mich noch weiter zu Kultür Potsdam um auch hier ein kleine Spende zu überbringen.

Besuch im Jugendclub Alpha in Potsdam

08. Oktober 2020  Kinder- und Jugendpolitik, Unterwegs

Im Rahmen meines Wahlkreistages am 07.10.2020 war ich zu Besuch im Jugendclub ALPHA im Bürgerhaus Schlaatz. Auch hier haben sich die Sozialpädagoginnen einiges einfallen lassen, um sollen Kontakt zu den Jugendlichen während der Corona – Pandemie nicht zu verlieren. Schaut Mal auf dem Instagram Account vorbei! Ich bin beeindruckt mit wie viel Elan und Kreativität sich die Sozialarbeiter_innen in die Jugendarbeit stürzen. Ein großartiger Ort, der wichtiger Anlaufpunkt für Jugendliche in einem nicht immer leichten Umfeld ist!

Jugendbildungsstätten langfristig sichern – außerschulische Lernorte stärken

Auf meiner Sommertour habe ich die Jugendbildungsstätten des Landes Brandenburg besucht. Bei den Gesprächen ging es sowohl um die vielfältigen Bildungsangebote der Bildungsstätten, als auch um die Corona- Auswirkungen. Meine Eindrücke habe ich hier zusammengefasst:

Eigentlich sind die Monate Mai, Juni und August, September die auslastungsstärksten des Jahres. In diesen 4 Monaten tummeln sich in den neun Jugendbildungsstätten Brandenburgs Kinder und Jugendliche, die an Klassenfahrten, Bildungsseminaren, Ferienfreizeiten oder internationalen Jugendbegegnungen bspw. in Kooperation mit dem Deutsch – Polnischen Jugendwerk, teilnehmen. Doch nicht so in diesem Sommer. Ganzen Beitrag lesen »

PM: „Kreisverband und LINKE Abgeordnete unterstützen Kinder und Jugendliche in der Krise“

Initiiert durch die Landtagsabgeordneten Marlen Block und Isabelle Vandre, sowie dem Bundestagsabgeordneten Norbert Müller übergab DIE LINKE heute den ersten Teil von insgesamt 100 Familienferienpaketen an sozialeTräger und Einrichtungen in Potsdam. 


Norbert Müller dazu: „Corona hat unser aller Leben auf den Kopf gestellt. Kinder und Jugendliche in Familien mit angespannter finanzieller Situation trifft diese Krise jedoch besonders hart.Sie wird die soziale Spaltung hierzulande weiter vertiefen. Die Lasten der Corona-Krise werden gegenwärtig faktisch privatisiert, dem wollen wir ganz praktisch etwas entgegensetzen.“ Ganzen Beitrag lesen »

PM: Badestellen sind kein Privateigentum – Vandre protestiert im Heiligen See

Mit einer öffentlichkeitswirksamen Aktion machten Potsdamer*innen heute am Heiligen See auf die Forderung nach mehr öffentlichen Badestellen in der Stadt aufmerksam.

Menschen beim Baden mit einem Banner mit der Aufschrift: "Badestellen sind kein Privateigentum! Potsdam gehört uns allen."

„Wir wollten mit der Aktion zeigen, dass Potsdam zwar viele tolle Gewässer hat, der Zugang zu diesen aber zu stark beschränkt ist. Uferwege sollen allen zugänglich sein und Baden kein Privileg der Reichen.“, erklärte Isabelle Vandre, Direktkandidatin der LINKEN im Wahlkreis 21. Gerade in Potsdam-West drohe sich derzeit ein zweiter Griebnitzseekonflikt zu entwickeln. Gemeint ist der Privatsteg der Havelwelle, mit integriertem Badebecken, welcher im Gegensatz zu einer öffentlichen Badestelle realisiert werden soll.

Im Heiligen See hielten Aktivist_innen anlässlich der Aktion ein vier Meter langes Banner mit der Aufschrift: „Badestellen sind kein Privateigentum! – Potsdam gehört uns allen.“ Die Eigentumsfrage stelle sich auch bei Uferwegen, erklärte Vandre in einem Flyer. „Notfalls müssen wir auch über Enteignungen sprechen, um allen die Uferpassagen zugänglich zu machen.“

Den Heililgen See als Ort des Protests habe man bewusst gewählt, um auch die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten als politischen Akteur zu kritisieren. „Die Parkordnung passt zum alten Preußen, aber nicht zu einem modernen Potsdam,“ so Vandre. Allein mit dieser Aktion hätten die Teilnehmenden gegen 7 Verbote der geltenden Parkordnung verstoßen. Um deren Absurdität zu zeigen, hatten Teilnehmende auch einen Schlitten dabei, dessen Benutzung im Park ebenfalls verboten ist. Die ersten Leidtragenden sind nach Ansicht Vandres dabei nicht die Besucher*innen, sondern „die prekär beschäftigen Parkwächter*innen, die diese fragwürdigen Regelungen durchsetzen müssen“. (a).fi

Gedenken Todesmarsch Lieberose

Liebe Genossinnen und Genossen,

Liebe Freundinnen und Freunde,

wir sind heute hier um der 1600 Menschen zu gedenken, die die SS zwischen dem 2. und 9. Februar 1945 vom KZ Außenlager Lieberose über Goyatz, Kuschow, Teupitz, Zossen, Ludwigsfelde, Potsdam und Falkensee nach Sachsenhausen trieb. Doch ich möchte damit beginnen zunächst einen Blick auf diejenigen zu richten, die von den durchlebten Torturen zu geschwächt waren, um mit auf einen der unzähligen Todesmärsche gezwungen zu werden.

Das sog. „Arbeitslager Lieberose“ existierte zwischen 1943 und 1945 in Jamlitz. Es war ein Außenlager des KZ Sachsenhausen und dennoch kam der größte Anteil der Häftlinge aus Groß – Rosen bzw. ab Juni 1944 aus Auschwitz nach Lieberose. Andreas Weigelt gibt an, dass insgesamt ca. 11.000 Menschen in Jamlitz inhaftiert und Lieberose damit seiner Kenntnis nach das zweitgrößte jüdische der insgesamt 130 KZ – Außenlager im „Reichsgebiet“ gewesen sei. Des Weiteren schildert er, dass der Krankenstand und die Sterblichkeit in keinem anderen Außenlager Sachsenhausens so hoch gewesen sei wie in Lieberose. Er schreibt:
„Im Sommer 1944, also nur kurze Zeit nach Ankunft des ersten Massentransports aus Auschwitz, wurden in Jamlitz  Schonungsblocks eingerichtet. Die Zahl der arbeitsunfähigen Häftlinge nahm ständig zu und die in den völlig einrichtungslosen Schonungsblocks vegetierenden Häftlinge wurden in bestimmten Abständen in die Krematorien nach Birkenau gebracht. Nur etwa 20% aller Häftlinge haben die Auflösung des Lagers im Februar 1945 überlebt.“
Ende Januar 1945 befanden sich vermutlich noch ca. 3.500 Häftlinge in Lieberose. 700 von ihnen wurden bereits am 1. Februar in offenen Güterwaggons abtransportiert und sollen über Falkensee nach Sachsenhausen gelangt sein, wo sie ermordet wurden. 
Am 2. Februar, als die 1600 Häftlinge auf den Todesmarsch getrieben wurden, blieben noch ca. 1300 Menschen in den sog. Schonungsblocks zurück. Die SS überließ die Menschen, die sie zuvor vom Rest des Lagers durch Errichtung eines Stacheldrahtzaunes abgetrennt hatte, jedoch nicht ihrem Schicksal. Es erfolgte der Befehl zu einer „Sonderbehandlung“ – einer der unzähligen euphemistischen Begriffe der Faschisten, der nichts anderes bedeutete als die Massenexekution der geschwächten und kranken Häftlinge. Alle im Lager verbliebenen Männer der Lager SS, Angehörige des SS – Bauhofes und das SS – Wachbataillons sollen sich an den Exekutionen zwischen dem 2. Und 4. Februar beteiligt haben. Sie erschossen die Gefangenen zum Teil noch in den „Schonungsblocks“ und zwischen den Baracken. Die Häftlinge versuchten sich in ihrer ausweglosen Situation zur Wehr zu setzen und verletzten den Lagerführer Kersten dabei lebensgefährlich. Er überlebte jedoch während alle Häftlinge ermordet und in z.T. bis vor wenigen Jahren unentdeckten Massengräbern auf dem Lagergelände und in dessen Umgebung verscharrt wurden.
Auch viele der auf den Todesmarsch Getriebenen erreichten Sachsenhausen nicht. Fliehende und vor Entkräftung zusammenbrechende Häftlinge wurden auf dem Weg erschossen. Doch auch in Sachsenhausen gingen die Selektionen und Ermordungen weiter. In den Tagen nach Ankunft der Kolonne wurden etwa 400 jüdische Häftlinge auf dem Industriehof ermordet. Die meisten der ca. 1000 noch in Sachsenhausen lebenden jüdischen Häftlinge wurden im Laufe des Februars in das KZ Mauthausen gebracht. Nach weiteren Exekutionen und dem Versuch der SS ihre Spuren zu verwischen wurde das KZ Mauthausen Anfang Mai befreit. Im Unterschied dazu begann die SS Sachsenhausen in den Morgenstunden des 21. April zu räumen, als die Rote Armee nahte. 33.000 Häftlinge wurden auf einen weiteren Todesmarsch Richtung Nordwesten geschickt, den Tausende nicht überlebten.

Liebe Genossinnen und Genossen,
liebe Freundinnen und Freunde,

es gibt keine Worte um die Grausamkeit und Unmenschlichkeit der Nazis angemessen zu beschreiben und doch müssen wir drüber reden. Wie viele von euch habe ich mich in der Vergangenheit mit unterschiedlichsten Aspekten des Holocaust beschäftigt und merke doch immer wieder, z.B an dem Schicksal der KZ Häftlinge von Lieberose, wie wenig ich eigentlich weiß. Und ich stelle mir die Frage: wie soll das künftig werden, wenn immer weniger Überlebende vom Faschismus zeugen können? Schon heute erleben wir, dass Gedenkveranstaltungen ritualisiert werden und zu bloßen Lippenbekenntnissen verkommen. Die tatsächliche Auseinandersetzung mit den Lehren des Faschismus gerät in den Hintergrund. Umso positiver stimmt es mich, dass ihr heute alle hier seid – an einem Tag, der in keinem staatlichen Gedenkkalender vorkommt und an einem Ort, der uns daran erinnert, dass die Taten der Nazis nicht unsichtbar waren, sondern vor den Augen der deutschen Mehrheitsgesellschaft stattfanden. Ich glaube, es wird uns nur gelingen gegen das Vergessen zu gewinnen, wenn wir so wie heute zeigen, dass die Verbrechen der Nazis nicht auf einzelne Orte, heutige Gedenkstätten, beschränkt gewesen sind. Wenn wir uns und künftigen Generationen vergegenwärtigen, dass die systematische Vernichtung von Bevölkerungsgruppen nicht in Auschwitz begann, sondern in jedem einzelnen Ort ihren Anfang genommen oder ihren Ausdruck gefunden haben. In diesem Sinne:


gegen das Vergessen!
Nie wieder Krieg – Nie wieder Faschismus!  

Gedenken an Karl Liebknecht

Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Genossinnen und Genossen,

genau heute vor 100 Jahren wurden Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht durch rechte Freikorps, ermordet. Aus den Briefen und Memoiren des Offiziers Waldemar Papst, dem Ersten Generalstabsoffizier der Garde-Kavallerie-Schützen-Division, hat Klaus Gietinger die Geschehnisse des 15. Januar 1919 rekonstruiert. So gab er ggü. dem Deutschlandfunk, der erst heute einen Artikel dazu veröffentlichte an:

„Luxemburg und Liebknecht waren am Abend des 15. Januar 1919 festgesetzt worden und von einer selbsternannten Bürgerwehr ins Eden-Hotel gegenüber dem Berliner Zoo transportiert worden. Dieses Hotel war die Zentrale der Garde-Kavallerie-Schützen-Division. Hier wurden die beiden Politiker verhört und Liebknecht bereits schwer verletzt. Luxemburg und Liebknecht wurden dann mit dem Auto vorgeblich ins Gefängnis transportiert. Eine Panne wurde fingiert. Liebknecht wurde ‚in den dunklen Tiergarten‘ geführt und von hinten erschossen, so Gietinger. Luxemburg sei im Auto getötet und ‚auch noch in den Landwehrkanal geworfen‘ worden.“

Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Genossinnen und Genossen,

wir stehen heute nicht nur hier, um an die Ermordung der beiden Revolutionäre und Mitbegründer der KPD zu erinnern. Wir stehen heute vor allem hier, um an das zu erinnern, wofür sie gekämpft haben und um ihre Überzeugungen nicht aus dem Blick zu verlieren.

Der 1871 geborene Karl Liebknecht wurde, obwohl er zum Zeitpunkt der Wahl aufgrund seiner Schrift „Militarismus und Antimilitarismus“ wegen Hochverrat im Zuchthaus saß, 1908 in das Preußische Abgeordnetenhaus gewählt. Vier Jahre später, also 1912, gewann er nach zwei zuvor erfolglosen Versuchen den sog. Kaiserwahlkreis, zu denen Potsdam-Spandau und das Osthavelland zählten und zog als einer der jüngsten Abgeordneten für die Sozialdemokraten in den Reichstag ein.
Rosa Luxemburg Satz: „Zu sagen was ist, bleibt die revolutionärste Tat“ steht für mich sinnbildlich für Karl Liebknechts Zeit als Parlamentarier. Aus heutiger Perspektive lässt es sich vermeintlich einfach sagen, dass er derjenige war, der sich konsequent gegen die Kriegskredite stellte. Vergegenwärtigt mensch sich jedoch den kollektiven deutschen Kriegstaumel bei Ausbruch des 1. Weltkrieges und den Druck, den Karl Liebknecht als Mitglied der SPD Fraktion ausgesetzt war, kann mensch ein wenig mehr erahnen, mit welcher Vehemenz Karl Liebknecht seine Positionen verteidigte. Und auch wenn die Situation von 1919 wahrlich nicht mit unserer heutigen vergleichbar ist, so ist es doch diese Vehemenz Liebknechts mit der er sich trotz aller Widerstände für Frieden und Gerechtigkeit engagierte, die den größten Eindruck bei mir hinterlässt und wahrlich zeitlos ist.

Deshalb möchte ich meinen Redebeitrag mit einem Zitat von ihm beenden:
Das Unmögliche zu wollen, ist die Voraussetzung dafür, das Mögliche zu schaffen!“

Mehr 1968 statt 2018 ? – Dr. Andreas Keller zu Gast in Potsdam

Neben dem 200. Geburtstag von Karl Marx oder 100 Jahre Frauenwahlrecht in Deutschland jähren sich in diesem Jahr die Studierendenproteste von 1968 zum 50. Mal. Aus diesem Anlass lud Isabelle Vandre, die Hoschul-, Wissenschafts- und Forschungspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Brandenburger Landtag, Dr. Andreas Keller, stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), am 16. Oktober ins Kulturzentrum freiLand Potsdam ein.

Anhand der Schwerpunkte Hochschulstruktur, Zugang zu Hochschulen und Arbeitssituation an den Hochschulen verdeutlichte er in seinem Vortrag, dass die Ende der 1960er Jahre erhobenen Reformforderungen bis heute nichts an Aktualität verloren haben. So habe sich die Forderung nach Hochschulautonomie mittlerweile zwar etabliert, werde heute aber eher als Präsidialautonomie interpretiert. Das Ansinnen der Demokratisierung der Hochschulen, mit der auch die professorale Mehrheit in Frage gestellt werde, sei bisher leider kaum realisiert. Auch im Bereich der Hochschulöffnung gebe es nach wie vor viel zu tun. Andreas Keller thematisierte hier die durch die LINKE wiederholt geforderte BAföG-Reform und diskutierte mit den Anwesenden aktuelle Zugangshürden. Bezüglich der Arbeitssituationen an den Universitäten und Hochschulen waren sich alle darin einig, dass Kettenbefristungen wirksam begegnet werden und der Grundsatz „Daueraufgaben nur für Dauerstellen“ endlich Eingang in die Hochschulgesetze finden muss.

Der NSU – Prozess: nicht das Ende, sondern erst der Anfang der Aufklärung

Das Urteil ist gesprochen. Nach 438 Prozesstagen und über 5 Jahren Gerichtsverhandlung wurde Beate Zschäpe zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe unter Feststellung der besonderen Schwere der Schuld wegen Mittäterschaft an den Morden an Enver Şimşek, Abdurrahim Özüdoğru, Süleyman Taşköprü, Habil Kılıç, Mehmet Turgut, İsmail Yaşar, Theodoros Boulgarides, Mehmet Kubaşık, Halit Yozgat und Michèle Kiesewetter sowie 2 Sprengstoffanschlägen, Mitgliedschaft einer terroristischen Vereinigung und schwerer Brandstiftung verurteilt. Doch das Ende der NSU Aufklärung ist dieses Urteil noch lange nicht. Ich war am Tag der Urteilsverkündung vor Ort in München und verbrachte den ganzen Tag auf der Kundgebung „Kein Schlussstrich“ vor dem Oberlandesgericht – nachfolgend eine kurze Zusammenfassung meiner Eindrücke.

Die Öffentlichkeit der Straße
Bereits in den frühen Morgenstunden versammelten sich dutzende Personen vor dem OLG-Gebäude und auf der extra gesperrten Sandstraße, um ab 9:30 bei der Urteilsverkündung anwesend zu sein. Zahlreiche Kamerateams berichteten den gesamten Tag über das Geschehen. Daran, dass gar nicht erst der Eindruck eines Endes der Aufarbeitung der Taten des NSU und seines Unterstützungsnetzwerkes entstehen konnte, arbeiteten unzählige Initiativen, die vor dem Gericht ab 8:00 eine erste Kundgebung abhielten und am Abend bundesweit an verschiedenen Orten auf die Straße gingen. Die Präsentationen und Redebeiträge hielten den ganzen Tag. Die Forderung lautete überall gleich: Kein Schlussstrich! Kein Schlussstrich, weil immer noch nicht geklärt werden konnte, wie genau der „NSU“ seine Opfer auswählte und seine Taten plante. Weil die Rolle des Staates und seiner Behörden bisher weder lückenlos geklärt wurde, noch die betreffenden Beamt_innen in irgendeiner Weise zur Verantwortung gezogen wurden. Weil als Migrant_innen stigmatisierte Menschen auf Grund des gesellschaftlichen Rassismus in stetiger Angst vor Übergriffen leben. Weil sie, wenn sie Opfer rassistischer Taten werden, nicht geschützt und unterstützt werden, sondern viel zu häufig selbst in den Fokus der Ermittler_innen geraten. Und: weil Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe nie allein waren.

Der NSU war nicht zu Dritt!
Die Fakten sind eindeutig: Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe waren Teil der Jenaer Struktur des so genannten Thüringer Heimatschutzes, blieben aber auch nach ihrer Flucht in Kontakt mit Einzelpersonen, wie Ralf Wohlleben, fanden im Januar 1998 Zuflucht in der sächsischen „Blood & Honour“ – Szene, die sie mit Geld, Wohnungen, Pässen und vielleicht auch mit Waffen versorgte. Sie waren und blieben Teil einer deutschlandweit agierenden Neonaziszene, die Ende der 1990er den führerlosen, bewaffneten „weißen Rassekrieg“ ausgehend von Nationalrevolutionären Zellen (NRZ) anstrebte. So sagte Hendrik Lasch beispielsweise vor dem OLG auf die Frage zum Untertauchen des Kerntrios: „Das gab’s so nicht; das war kein Untertauchen und wieder Auftauchen. Es gab einen stetigen Kontakt; immer mal in Chemnitz hat man sich gesehen.“ Für die Nebenklagevertreter_innen und die Mitglieder der Untersuchungsausschüsse des Bundes und der Länder steht daher fest: der NSU ist ein Netzwerk gewesen, kein Trio. Stück für Stück leuchteten sie in den vergangenen Jahren, wie auch antifaschistische Recherchekollektive, dieses Netzwerk aus. Als Brandenburger Untersuchungsausschuss arbeiten wir gerade das Näheverhältnis der Potsdamer und Chemnitzer B&H – Szene auf, um unseren Beitrag zur Aufklärung des NSU Netzwerkes zu leisten.

Entgegen dieses öffentlichen Kenntnisstandes hat die Bundesanwaltschaft jedoch bis zuletzt ander These eines isolierten Trios festgehalten. Der Vorsitzende Richter Manfred Götzl folgte ihr, indem er Beate Zschäpe wegen Mittäterschaft verurteilte, aber alle anderen Angeklagten nur zu den Unterstützern zählte, nicht zu Mitgliedern. Und auch wenn das Urteil somit erwartbar gewesen ist, verbreiteten sich nach Bekanntwerden des Urteils Fassungslosigkeit, Wut und Frustration auf der Kundgebung. Wie kann André Eminger, der die Drei zwischen 1998 und 2011 unterstütze und sogar das Wohnmobil anmiete, das Mundlos und Bönhardt für den Bombenanschlag in der Keuppstraße in Köln nutzten, nur 2 Jahre und 6 Monate erhalten und sogar zum Teil freigesprochen werden, indem den „glaubhaften“ entlastenden Aussagen Zschäpes gefolgt wird? Wie kann das Gericht die Glaubhaftigkeit Zschäpes Angaben in Frage stellen und sie entgegen ihrer Darstellung der vollen Mittäterschaft überführen, ihr aber gleichzeitig glauben, wenn sie Eminger entlastet? Dass die anwesenden Neonazis das Urteil und die Entlassung Emingers ohne Ermahnung des Gerichts mit Jubel und Beifall begleiten konnten, war bereits für die Kundgebungsteilnehmer_innen ein Affront. Die Angehörigen der durch den NSU Ermordeten mussten diese Situation im Gerichtssaal mit ertragen – erneut ohne sie unterstützende Positionierung staatlicher Instanzen.

Das Problem heißt Rassismus
Während bei der Urteilsverkündung im Gerichtssaal weder die Auswirkungen der Ermittlungen gegen die Familien der NSU-Opfer, noch der gesellschaftliche Rassismus thematisiert wurden, wurden auf der Kundgebung vor dem Gericht die Kontinuitäten deutlich. Nicht nur die zahlreichen Initiativen, die die Angehörigen der durch den NSU Ermordeten und die Überlebenden der Sprengstoffanschläge kamen zu Wort. Auch die Erfahrungen derjenigen, die Anfang der 1990er Jahre die Brandanschläge auf Geflüchtetenunterkünfte überlebten, zeugten von rassistischen Ermittlungen, die immer zuerst die Opfer verdächtigten und ihnen kriminelle Machenschaften unterstellten, statt in den Anschlägen einen weiteren traurigen Höhepunkt der im gesamten Bundesgebiet stattgefundenen Pogrome zu sehen.

Wut und Trauer wird zu Ohnmacht, wenn die Schlussstrichmentalität gewinnt
Axel Hoffmann, ein Vertreter der Nebenklage, sagte in seiner ersten Bewertung des Urteils: „Antifaschismus ist Handarbeit. Keine Polizei, keine Staatsanwaltschaft, kein Gericht kann uns die Aufgabe abnehmen. Das müssen wir selbst tun.“ Das Motto der Kundgebung und der bundesweiten Demonstrationen „ Kein Schlussstrich“ ist vor dem Hintergrund nicht nur als politische Forderung, sondern auch als gesellschaftliche Selbstaufforderung zu interpretieren. Nicht nur die staatlichen Ermittlungsbehörden haben darin versagt, den NSU zu finden, auch die Zivilgesellschaft war während der NSU Mordserie nahezu blind für die Geschehnisse. Es waren allein die Angehörigen der Mordopfer die als erste eine Parallele zwischen den Morden zogen und sich mit der Forderung „Kein 10. Opfer – Stoppt die Mörder“ im Juni 2006 Gehör verschaffen mussten. Es geht also nun nach Ende des NSU Prozesses a.) um die weitere Aufklärung des Unterstützungsnetzwerkes und b.) darum dem gesellschaftlichen Rassismus konsequent entgegen zu treten. Immer und Überall!