Liebe Antifaschistinnen und Antifaschisten,
der aktuelle gesellschaftliche Rechtsruck findet nicht nur im tief verankerten Rassismus oder aber dem drohenden Wahlerfolg der AfD seinen Ausdruck. Er offenbart sich auch anhand kontinuierlicher Diskursverschiebung. Bereits vor 5 Jahren, zur letzten Landtagswahl, setzten CDU und AfD auf das Schüren von Ängsten, um Forderungen nach einer restriktiven Law and Order Politik zu rechtfertigen. Entgegen der rückläufigen Anzahl schwerer Straftaten oder der rückläufigen Anzahl derjenigen, die Opfer von Terrorismus werden, hat sich der Ruf nach Ausbau des Sicherheitsstaates verfestigt. Beleg dafür sind die Änderungen der Landespolizeigesetze in den letzten 1,5 Jahren. Ausgangspunkt dieser Landesgesetzlichen Änderungen war die Frühjahrstagung der Innenminister im Juni 2017 – wenige Wochen vor der Bundestagswahl. Damals noch auf Intention des ehemaligen Bundesinnenministers Thomas de Meziere, verabredeten sich die Innenminister vermeintliche „Befugnislücken“ schließen zu wollen. Begründet wurde dies mit den Geschehnissen auf dem Breitscheidplatz im Winter 2016. Es entstand ein Musterpolizeigesetz, das in den Ländern als Blaupause fungieren sollte und massive Grundrechts – und Freiheitseinschränkungen vorsah.
Egal wie die einzelnen Landesregelungen im Konkreten entwickelt wurden und ob absurde Befugniserweiterungen wie Fußfesseln, die Quellen TKÜ oder der Einsatz von Trojanern in den Gesetzen tatsächlich verankert wurden, alle Änderungen wurden im Sinne der Innenministerkonferenz gerechtfertigt. Damit beförderten sie jenen illiberalen Law & Order Diskurs, den es eigentlich zu durchbrechen gilt. Das gelingt jedoch nur, wenn mensch ihn in Gänze dekonstruiert statt Einzelmaßnahmen zu diskutieren.
Für mich sind es vor allem drei Punkte, die mich dazu veranlassten die Änderungen des Brandenburger Polizeigesetzes trotz Überarbeitung auf Grund des außerparlamentarischen Drucks abzulehnen:
- Die Mär der sog. Befugnislücken
Sowohl der Berliner Untersuchungsausschuss zum Breitscheidplatz, als auch die zahlreichen Untersuchungsausschüsse des Bundes und der Länder zum NSU haben unter Beweis gestellt, dass weder die Strafverfolgung, noch die Prävention auf fehlende Befugnisslücken zurück zu führen sind. So wertete das Bundesamt für Verfassungsschutz bereits im Februar 2016 das Handy von Anis Amri nach einer Beschlagnahmung aus. Sowohl BfV, als auch das Berliner LKA sollen mit V Personen an Anis Amri dran gewesen sein. Und auch über Zschäpe, Böhnhardt und Mudlos war bereits im Sommer 1998 bekannt wo sie sich aufhielten und welche Struktur sie in welcher Form unterstützte. Auch die Pläne der Waffenbeschaffung gelangten an den Verfassungsschutz und die Polizei.
Befugnisse auf dieser Grundlage zu erweitern zeugt von politischem Aktionismus aber nicht von einem Willen sich mit tatsächlichen Verfehlungen staatlicher Institutionen auseinander setzen zu wollen. Dabei ist die einzig konsequente Forderung aus den Verfassungsschutzskandalen der letzten Jahre seine Abschaffung.
2. Das sensible Verhältnis von Freiheit und Sicherheit
Besorgniserregend ist zudem, wie schnell die Einschränkung individueller Freiheitsrechte in Kauf genommen wird. Statt gesellschaftlich an Problemen zu arbeiten und z.B. Ursachen von Kriminalität etc. zu analysieren und zu bekämpfen wird die gefährliche Spirale der Repression befördert.
3. Hofieren der AfD
Betrachtet mensch den Zeitpunkt des Beschlusses der Innenministerkonferenz wird eine gefährliche Strategie konservativer Politiker_innen offensichtlich. Der Beschluss wurde wenige Wochen vor jener Bundestagswahl gefasst, bei der nicht klar war mit welcher Fraktionsgröße die AfD erstmals in den Bundestag einziehen würde. Gleichzeitig nutzte die AfD jeden Terroranschlag in Europa um gegen Muslime und Geflüchtete zu hetzen. De Meziere schwächte jedoch mit seiner Law & Order Politik nicht die AfD, sondern gab ihr Recht, indem er einen Handlungsdruck proklamierte.
Liebe Antifaschistinnen und Antifaschisten, dem Rechtsruck zu begegnen bedeutet daher sich den Neonazis in den Weg zu stellen und ihre Diskurse zu durchbrechen. Wer sie aufgreift und denkt mit Nazis diskutieren zu können oder aber schweigt, stimmt ihnen zu!
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