Anlässlich der Presseberichterstattung zur Gefährdung sozialer Projekte erklären Sigrid Müller, Co-Vorsitzende der Fraktion Sozial.DIE LINKE, und Isabelle Vandre, Mitglied der Fraktion Sozial. DIE LINKE im Ausschuss für Gesundheit, Soziales, Wohnen und Inklusion:
Partei
Aus für Soziale Träger muss verhindert werden
Was sind die Ergebnisse der Befassung mit dem Hohenzollernstreit?
Auf Initiative der Linksfraktion befasste sich der Kulturausschuss am 20. Januar mit den Entschädigungsforderungen des Hauses Hohenzollern. Zu dem Fachgespräch eingeladen waren Dr. Süß, Zentrum für Zeithistorische Forschung, Prof. Dr. Vogtherr, Stiftung für Preußische Schlösser und Gärten, Prof. Dr. Schönberger, Juristische Fakultät Universität Düsseldorf und Prof. Dr. Gärditz, Rechtswissenschaft Universität Bonn. Bereits am Vorabend luden wir zu einem Online Podium mit Prof. Dr. Clark, Universität Cambridge, Prof. Dr. Schlotheuber, Vorsitzende des deutschen Historikerverbandes, und Carsten Linke, Kulturausschussvorsitzender Potsdam. Wo stehen wir nun nach den beiden Debatten? Ganzen Beitrag lesen »
Das Geschäft mit möblierten Wohnungen
… oder wie die Miete von Potsdam über Luxemburg nach Panama wandert. Die AG-Wohnen des Kreisverbandes Potsdam lädt zusammen mit dem Recherche-Team von Stadt-für-alle zu einer Gesprächsrunde am Mittwoch, 28. Oktober 2020 um 18h ins Rechenzentrum (Dortustr. 46 14467 Potsdam) ein. Kommt vorbei und diskutiert mit.
Keine Rendite mit der Miete!
Auf der ersten Tagung des 7. Landesparteitags in Templin wurde mein mietenpolitischer Antrag beschlossen:
Die Mietenpolitik wird einer der zentralen Schwerpunkte der LINKEN Brandenburg in den kommenden zwei Jahren. Gerade weil die Landesregierung aus SPD, CDU und Grünen sich vor einer aktiven Mieten- und Bodenpolitik drückt, braucht es uns als parlamentarische Opposition und Druck aus zivilgesellschaftlichen Bündnissen. Wir werden uns mit den großen privaten Wohnungsunternehmen anlegen und stellen uns an die Seite der Mieterinnen und Mieter. Ganzen Beitrag lesen »
Kandidatur Landtagswahl 2019 in Potsdam
Liebe Genossinnen und Genossen,
bei der kommenden Landtagswahl geht es um nicht weniger als die grundlegende Frage, in welcher Gesellschaft wir leben wollen und werden. Die Mobilisierungsfähigkeit neonazistischer und offen rassistischer Strukturen, die zunehmende Gewalt gegenüber Geflüchteten, das Schüren und die Instrumentalisierung von Angst, sowie die Angriffe auf Grund– und Freiheitsrechte auf allen politischen Ebenen, sind Ausdruck eines offensichtlichen und gefährlichen Rechtsrucks. Gleichzeitig erleben wir, dass Menschen jeden Alters sich gegen diesen Rechtsruck organisieren und versuchen in Stadtteilnetzwerken, kulturellen Einrichtungen oder emanzipatorischen Freiräumen ihre Vorstellungen eines solidarischen, selbstbestimmten Miteinanders zu entwickeln und zu leben. Es ist klar, dass wir als LINKE an ihrer Seite stehen müssen – nicht nur physisch wie bei den Anti-Pogida–Protesten oder jenen gegen den Abriss der Fachhochschule in der Potsdamer Innenstadt, sondern auch durch die Aufnahme der von ihnen artikulierten Forderungen in den Parlamenten. Das Verschwinden der Fachhochschule und mit ihr die Verdrängung der Studierenden aus der Potsdamer Mitte war in den vergangenen Monaten nur einer der Konflikte, der die Frage „Wem gehört die Stadt?“ offensichtlich gemacht hat. Unsere Antwort darauf kann nur die Forderung nach einer Stadt für alle sein. Statt der weiteren Privatisierung öffentlichen Bodens oder aber des Wiederaufbaus der Garnisonkirche müssen wir uns auf Stadt– und Landesebene für studentischen und sozialen Wohnungsbau, eine Stärkung der vielfältigen und lebendigen Kulturszene, bessere Mobilität, die Demokratisierung der Stadt, die Stärkung des Potsdamer Wissenschaftsstandortes und die Stabilisierung der gesundheitlichen Versorgung einsetzen. Die vergangenen Wahlen haben gezeigt, dass wir in all denen, die diese Auseinandersetzungen führen, nicht nur Verbündete, sondern auch potentielle Mitstreiter_innen und Unterstützer_innen finden.
2014 wurde ich durch die Linksjugend [′solid] Brandenburg als Kandidatin des Jugendverbandes für die Landtagswahl nominiert war seitdem als Landtagsabgeordnete parlamentarisch aktiv. Als langjährige Einwohnerin Potsdams bewege ich mich viele Jahre lang im linksalternativen Umfeld der Stadt und habe mich in diversen Projekten engagiert. Ganz konkret konnte ich als Sprecherin für Hochschul-, Wissenschafts- und Forschungspolitik der Linksfraktion, die zuvor außerhalb des Parlaments mit den Studierendenschaften im Rahmen der Novellierung des Brandenburgischen Hochschulgesetzes entwickelten Forderungen in den Landtag tragen und für ihre Umsetzung streiten. Dabei ging es beispielsweise um die Einführung einer studentischen Personalvertretungsstruktur, damit auch studentisch Beschäftigte ihre Arbeitnehmer_innenrechte endlich wahrnehmen können oder die Stärkung der Studentenwerke, als Träger der öffentlichen Sozialstruktur und des in Potsdam dringend benötigten Wohnungsbaus. Die Abschaffung der versteckten Studiengebühren müssen wir noch bis zum Ende der Legislatur umsetzen. Gelungen ist uns die Stärkung des Moses Mendelssohn Zentrum, als jene Einrichtung, welche die Entwicklung neonazistischer Organisationen und Strukturen wissenschaftlich aufarbeitet und für die Öffentlichkeit zugänglich macht. Mit dem MMZ, antifaschistischen Recherchekollektiven, Journalist_innen und anderen zivilgesellschaftlichen Akteuren, wie dem Aktionsbündnis Brandenburg, werden wir nach Ende des NSU Untersuchungsausschusses in Brandenburg daran arbeiten müssen, dass a.) die nach wie vor offenen Fragen zum Umfeld des NSU weiter aufgeklärt werden und b.) auch die bis heute bestehenden personellen, ideologischen und zum Teil strukturellen Kontinuitäten offengelegt werden. Der Schwerpunkt meiner Arbeit im NSU Untersuchungsausschuss lag in der Aufarbeitung genau dieser Verbindungen zwischen der Potsdamer Neonaziszene und ihren Verbindungen in jenes Blood & Honour Umfeld in Chemnitz, in das Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt „untertauchten“.
Auch wenn ich mich in den vergangenen Jahren parteipolitisch in dem durch mich als Abgeordnete betreuten Landkreis Uckermark engagiert habe, war meine Zusammenarbeit mit den vielfältigen politischen Strukturen Potsdams immer aktiv und fruchtbar. Ich glaube, dass das für uns als Partei eine Chance bei den kommenden Landtagswahlen sein kann und habe mich daher dazu entschieden, mich als Kandidatin für den Wahlkreis 21 zu bewerben.
Ich freue mich auf euch, auf eure Unterstützung und auf einen engagierten Wahlkampf für ein solidarisches, soziales, lebendiges und vielfältiges, kurz linkes Potsdam.
Isabelle Vandre
Meine Kandidatur zur Stellvertretenden Landesvorsitzenden für DIE LINKE. Brandenburg
Liebe Genossinnen und Genossen,
2018 jährt sich der Geburtstag von Karl Marx zum 200. Mal. Und auch andere Meilensteine linker Theorie und Praxis laden dazu ein, sich erneut mit ihnen auseinander zu setzen: sei es die Einführung des Frauenwahlrechts vor 100 Jahren, die Ausrufung der Republik durch Karl Liebknecht am 9. November 1918 oder das 50. „Jubiläum“ der 68er Bewegung. Insbesondere jetzt, da mit der AfD und den neuen rechten Bewegungen versucht wird, mühselig erkämpfte und lange noch nicht ausreichende Emanzipationsprozesse zurückzudrehen, ist es notwendig, diese Ideen wach zu halten und sich der historischen Prozesse und Errungenschaften bewusst zu sein.
Neben unserem konsequent antifaschistischen Engagement kommen Menschen zur LINKEN, eben weil wir z. B. die Überwindung des Kapitalismus anstreben. Unsere politische Praxis zielt also darauf ab, Visionen über grundlegende gesellschaftliche Veränderungen zu entwickeln und herbeizuführen. Gleichzeitig befinden wir uns als LINKE Brandenburg seit 2009 in Regierungsverantwortung und versuchen in kleineren und manchmal größeren Schritten unter den gegebenen Rahmenbedingungen schon heute spürbare soziale Verbesserungen zu erwirken. Beides zusammen zu führen gelingt uns nicht immer, ist aber unsere Herausforderung, wollen wir noch mehr werden, die gemeinsam gegen soziale Kälte sowie den gesellschaftlichen Rechtsruck und für eine bessere Zukunft Aller streiten. Genau dafür möchte ich mich im geschäftsführenden Landesvorstand mit Euch engagieren.
Potsdam, 12. März 2018
Sicher ist sicher?
von Isabelle Vandré
„2016 – Das Jahr der Ängste“, so betitelte die R+V – Versicherung Mitte Juli die diesjährigen Ergebnisse ihrer Studie zu den Ängsten der Deutschen. Während Sorgen um Geld, Gesundheit und Umwelt in der 25. Studie rückläufig wären, seien insbesondere die Ängste vor einem Kontrollverlust des Staates in Bezug auf die Flüchtlingspolitik, sowie Ängste vor Terrorismus und Extremismus¹ im vergangenen Jahr sprunghaft angestiegen. R + V bestätigte damit eine gesellschaftliche Wahrnehmung, die bereits seit Monaten Teil politischer Diskurse auf allen Ebenen ist.
Egal ob in der Verknüpfung der Polizeistrukturreform Brandenburgs mit der Frage von Sicherheit, insbesondere in den Grenzregionen Brandenburgs durch die CDU während des letzten Landtagswahlkampfes oder aber in der Forderung nach einem starken Staat, der mit allen Mitteln gegen drohenden Terrorismus vorgeht: Sicherheit ist wieder zu einer der zentralen Begrifflichkeiten der Politik geworden. Nahezu unberücksichtigt bleibt dabei jedoch viel zu häufig, was konkret unter Sicherheit verstanden wird und von wem die gesellschaftliche Debatte aus welchen Gründen politisch auf die Agenda gesetzt wird.
Dieser Debattenbeitrag versucht sich daher, dem Begriff der „Sicherheit“, ausgehend von einer möglichen allgemeinen Definition, über die Frage der gesellschaftlichen Konsequenzen des Ausbaues der Sicherheitsarchitektur zu nähern.
Security, Safety and Certainity
Bezugnehmend auf den lateinischen Begriff securitas, hat Sicherheit seinen Ursprung in sine cora (= ohne Sorgen). Wörtlich übersetzt, offenbart damit allein die Herkunft des Wortes einen kaum erfüllbaren Anspruch in doppelter Hinsicht. Doppelt, weil die absolute Sorgenfreiheit erstens eine kaum erreichbare Utopie ist und zweitens Sorgen „um“ oder „vor“ etwas alle Lebensbereiche betreffen können und somit omnipräsent sind.
Ein Blick in die englischsprachige Terminologie ermöglicht über diesen einfachen Begriffsursprung hinaus eine zusätzliche Orientierung. Prof. Dr. Frevel von der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung Nordrhein – Westfalen verweist hierzu in seinem 2013 erstmals erschienen Buch „Sicherheit – ein (un)stillbares Bedürfnis“ auf drei Aspekte von Sicherheit, die im Englischen unterschieden würden: security, safety und certainity. Diese definiert er wie folgt:
„Bei der certainty geht es um Sicherheit im Sinne von Verlässlichkeit. Man ist sich sicher und vertraut darauf, dass am Ende des Monats das Gehalt überwiesen wird(…).
Safety wird meist mit ‚Betriebssicherheit‘ in Verbindung gebracht. Der Wasserkessel ist sicher/safe, weil er einen Überhitzungsschutz und isolierte Griffe hat(…).
Mit security ist die ‚Angriffssicherheit‘ gemeint, also Sicherheit vor von ‚außen‘ kommenden Gefahren. Das Türschloss ist stabil genug, um nicht von Einbrechern geknackt zu werden und auch die Fenster haben abgeschlossene Riegel (…).“ (Frevel: 2016, 4)
Eine weitere notwendige Vorbetrachtung in Bezug auf Sicherheit ist die Unterscheidung in eine vermeintlich objektive² und subjektive Wahrnehmung von Sicherheit. Frevel betrachtet diese beiden Kategorien um untersuchen zu können, ob die individuelle Wahrnehmung von Sorgen und Ängsten sich mit einer tatsächlichen Veränderung der Sicherheitslage deckt.
Von der Begriffsklärung zur Sicherheit in der Politik
Bereits bei dieser kurzen begrifflichen Einführung wird deutlich, dass es nichts im Leben gibt, was nicht unter dem Aspekt der Sicherheit betrachtet werden kann. Und auch in der Politik werden mit „Sicherheit“ diverse Felder in Verbindung gebracht. Zu diesen gehören u.a. Ssziale Sicherheit, Versorgungssicherheit, IT – Sicherheit, innere Sicherheit und äußere Sicherheit. Eine zugespitzte Forderung nach „mehr Sicherheit“ lässt sich aus diesem Grund jedoch mitnichten durch eine prinzipielle Unterstützung oder Ablehnung dieser begegnen.
Klar ist DIE LINKE für mehr soziale Sicherheit von Menschen, die am Rande der oder in Armut leben. Natürlich kann und soll ein Sozialstaat unserer Auffassung nach dafür Sorge tragen, dass Kinder unabhängig von ihrer sozialen Herkunft bestmöglich aufwachsen und keinerlei Benachteiligung erfahren müssen. Natürlich sollen auch Alleinerziehende ohne Sorgen darüber, wie die nächste Miete bezahlt wird, leben können und natürlich muss die Rente für ein Leben im Alter gut auskömmlich sein.
Nur insbesondere dieses Verständnis von Sicherheit ist derzeit weder Teil des öffentlichen Diskurses, noch dessen, was all Jene, die mehr Sicherheit fordern, politisch unterstützen würden. Vielmehr im Fokus steht momentan die Sicherheit in Bezug auf Kriminalität und Terrorismus. Doch auch auf die Frage nach einem Mehr in diesen Bereichen der Inneren und Äußeren Sicherheit kann keine einfache zugespitzte Lösung vorgebracht werden.
Hier nur drei Beispiele:
1.) Es reicht eben nicht, nach mehr Polizei zu verlangen, weil auch eine Verdopplung der Anzahl der Polizeibeamt_innen, die auf den Straßen präsent sind, nicht dazu führen würden, dass solche Taten wie in Nizza, Würzburg oder anderswo hätten vorhergesehen und verhindert werden können. Ich bezweifle auch, dass die gesellschaftliche Sicherheitslage damit subjektiv als verbessert wahrgenommen werden würde. Führt nicht die verstärkte Präsenz von Sicherheitskräften bei vielen Menschen zunächst einmal dazu, dass sie das Gefühl haben, sich in einer gefährlichen Situation zu befinden, weil es ja einen Grund haben muss, dass sie anwesend sind? Darüber hinaus offenbart ein Blick in die Geschichte, dass Staaten einen Sicherheitsapparat, den sie selbst aufgebaut haben auch immer nutzen werden. Daher führt der Aufbau des Sicherheitsapparates eines Staates auch nicht zu immer mehr Sicherheitsempfinden der Bevölkerung, sondern schlägt irgendwann um in das Bedürfnis nach Sicherheit vor dem Staat. Wann dieser Punkt erreicht ist, ist nicht definierbar, sondern obliegt den Wahrnehmungen eines jeden Individuums.
2.) Es bringt absolut nichts, mehr Beamte für den Verfassungsschutz zu fordern, wenn genau diese Institution spätestens seit Selbstenttarnung des NSU 2011 wiederholt auf beeindruckende Weise unter Beweis gestellt hat, dass sie Teil eines strukturellen Problems ist. Nicht nur, dass die Landes- und Bundesbehörden des Verfassungsschutzes bei der Fahndung und Verfolgung des NSU durch Inkompetenz glänzten, Verfassungsschutzbehörden sind überhaupt nicht so konzipiert, dass alle ihre Erkenntnisse, die sie durch Überwachung, Bespitzelung, V – Manntätigkeit etc. erlangen, durch polizeiliche Ermittlung- und Strafverfolgungsbehörden verwendet werden dürfen und können. Und das ist auch richtig so.
3.) Und auch Forderungen nach Kameraüberwachung würden insbesondere eine Auswirkung haben: die Einschränkung der persönlichen Freiheit einer jeden Bürgerin und eines jeden Bürgers.
Für all die Instrumente kann man sich aus konservativer Sicht im Sinne des Aufbaus eines Law&Order Staates entscheiden, die Folgen wären jedoch fatal und sollten nicht von einer Partei vertreten werden, die auch immer den Schutz der Bürger_innen vor staatlicher Willkür im Blick hatte. Stattdessen ist es unsere Aufgabe weiterhin auch die gesellschaftlichen Ursachen von Kriminalität etc. in den Fokus zu rücken. Mit dem Ansatz der Resozialisierung von straffällig gewordenen Personen ist hierfür bereits ein wichtiger Beitrag geleistet worden, den es auszubauen gilt.
Securatization
Mit Besorgnis ist zudem eine weitere politische Entwicklung zu betrachten, die Frevel benennt. So beobachtete er in „Sicherheit – ein (un)stillbares Bedürfnis“ , dass zunehmend politische Herausforderungen vor dem Hintergrund innerer Sicherheit betrachtet würden. So werde beispielsweise Migration mittlerweile primär im Zusammenhang mit Terrorismus gesehen oder aber Obdachlosigkeit und Armut mit Sicherheitsproblemen in Verbindung gebracht. Diesen Prozess bezeichnet er als securatization (vgl. Frevel, 2016:24).
Wenn nun also nicht mehr die Bekämpfung der Not von Menschen als eigentliche politische Handlungsmaxime erachtet wird, sondern stattdessen der Schutz einer nicht betroffenen Mehrheitsgesellschaft im Fokus steht, ist dies nicht nur höchst unsozial und unsolidarisch, sondern verstärkt gesellschaftliche Klüfte, die Anlass für menschliche Handlungen bieten, denen doch eigentlich im Sinne der Sicherheit vorgebeugt werden soll.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Sicherheit, wie sie derzeit diskutiert wird, mehrere Probleme in sich birgt.
1.) Eine unkonkrete Forderung nach mehr Sicherheit ist populistisch, weil Ängste bedient und Sorgen wach gerufen werden, die der/ die Einzelne bewusst oder unbewusst individuell unter dem eigenen Sicherheitsbedürfnis subsumiert. Es suggeriert zudem, dass es eine einfache Lösung auf komplexe gesellschaftliche Fragestellungen geben würde. Problemlagen müssen stattdessen klar benannt und auf diese abgestimmte Konzepte/ Lösungen unterbreitet werden.
2.) Statt Szenarien einer kontinuierlich drohenden, unkalkulierbaren Gefahr vor sich her zu tragen, müssen gesellschaftliche Probleme und deren Ursachen benannt werden und diese in den Fokus politischer Lösungsfindung gerückt werden.
3.) Sicherheitsbedürfnisse entstehen nicht nur auf der Grundlage von statistisch erfassbaren Daten, sondern auch durch subjektive Wahrnahme. Gesellschaftliche Debatten, die permanent zum Gegenstand haben, wie unsicher die Welt ist, tragen dazu bei, dass die Welt als solches angesehen wird. Wenn diese Debatte weiterhin ohne kritische Distanz geführt wird, befinden wir uns ganz schnell in einer Negativspirale mit verheerendem Ausmaß.
4.) Ein Mehr an Sicherheit gibt es nur zum Preis anderer Grundwerte wie der Freiheit. Erstrebenswert ist das nicht. Denn außerdem:
5.) Ein Leben ohne Sorgen wird kein Parlament der Welt jemals beschließen können.
_
Quelle:
Frevel, Bernhard (2016): Sicherheit – ein (un)stillbares Bedürfnis, Springer Fachmedien Wiesbaden
¹ Ich benutze den Begriff „Extremismus“ an dieser Stelle lediglich, weil er eine durch die Studie der R + V – Versicherung abgefragte Kategorie darstellt. Zurückgehend auf Eckhard Jesse und Uwe Backes wird die Gesellschaft in der Extremismustheorie in einem Hufeisenmodell dargestellt. In diesem gäbe es eine gesellschaftliche Mitte, die sich auf dem Boden der Freiheitlich Demokratischen Grundordnung bewegen würde, während Links- und Rechtsextremisten sich an den Armen des Hufeisens annähern würden. Rassismus, Antisemitismus und andere Formen von Diskriminierung werden damit als gesellschaftliche Randprobleme dargestellt, die die Mehrheit der Gesellschaft damit nicht beträfen. Diese Theorie halte ich nicht nur für grundlegend falsch, sondern erachte sie auch als brandgefährlich.
² Wissenschaftlich betrachtet, gibt es keine Objektivität. Bereits die Entwicklung einer Forschungsfrage erfolgt in einem subjektiven Prozess von Forschenden, ebenso die Auswahl des theoretischen Bezugsrahmens, die Wahl der Methodik, der Quellen etc. Auch die Betrachtung der „objektiven“ Sicherheitslage (zum Beispiel die Anzahl rechter Gewaltdelikte) bei Frevel schließt keine zufälligen oder absichtlichen Fehler aus (z.B. welche rechten Taten wurden nicht als solche erfasst?).
Beitrag erschienen in: MARK(S)ismus – Debattenmagazin der Brandenburger LINKEN, Ausgabe1, November 2016, Link: http://marksismus.linke-blogs.de/sicher-ist-sicher/
PM: Linksjugend [’solid] Brandenburg verurteilt rassistische Hetze der vergangenen Woche gegen Flüchtlinge und wählt Jugendkandidaten für die Landtagswahlen 2014
Am vergangenen Sonntag ist die dreitägige Landesmitgliederversammlung der Linksjugend [’solid] Brandenburg in Potsdam zu Ende gegangen. In einem ihrer zentralen inhaltlichen Anträge erklärt sich die Linksjugend solidarisch mit allen Flüchtlingen. Ganzen Beitrag lesen »